Die zwei Enden der Welt

Wir beide, Jörg und ich, sind so geschwind auf dem Jakobsweg unterwegs gewesen, dass wir am Ende drei Tage übrig hatten. Genug um unser Sterne-Hotel nochmal einzutauschen gegen Massenlager, Doppelstockbetten und Herbergen. Immerhin waren wir bei unserem letzten Camino ja in Santiago geblieben, weil wir uns keine Fortsetzung oder gar etwas noch Schöneres vorstellen konnten.

Aber die ganze Pilgerwelt diskutiert ja mittlerweile über die Frage Finisterre oder Nichtfinisterre. Wir entschieden uns also, dem Sinnenuntergang am Atlantik eine Chance zu geben.

Noch am Busbahnhof aber wählten wir das alternative Ziel, nicht Fisterra (so steht es auf den spanischsprachigen Schildern) sondern Muxia, der Ort, der sich v. a. unter deutschen Pilger:innen wachsender Beliebtheit erfreut. Irgendwie sei es dort mystischer, hört man es raunen.

Bustickets gibt’s für n Appel und n Ei, 13 € für beide, mit Expressbus der Firma Monbus. Der Fahrer, ein Spanier, der in Osnabrück geboren wurde und auch so spricht, steht mit seinem Gefährt in Flixbus-Optik am falschen Busstop, wir fragen nach „Monibus“, er lacht uns aus: für Affen fahre der Bus am Stop 8, für kluge Köpfe gehe es mit ihm nach Muxia. „????“ fragen meine Augen, er klärt auf, dass im Spanuschen „mono“ Affe bedeute, er aber für Monbus fahre. Die Strecke legt er dann abet doch im Affenzahn zurück, überholt wild alles, ws nicht zur Seite springen kann und erreicht das Ziel in der Hälfte der geplanten Fahrzeit. Ich bemühe mich, eine Herberge in Muxia zu buchen, aber Jörg schimpft, ich solle mir die tolle Landschaft anschauen. Er hat recht und ich lege das Handy beiseite.

Eine Herberge ist eh gleich gefunden. Schnell sind die Matratzen bezogen und wir negeben uns in den Ort um an die Küste zu gehen. Zwei sehr müde Pilger laufen uns in die Arme, aus Irland. Sie hätten die letzten 13 Kilometer nix mehr zu trinken gefunden, die Strecke aus Fisterra sei die Hölle! 😱 Das ist unser Weg morgen, sagen wir und die frommen Iren nehmen uns schon mal vorsorglivh in ihr Nachtgebet auf.

Und dann, endlich, kommen wir ans Ende der Welt, wo nur noch Küste, Atlantik, Meeresrauschen und ewiger Horizon vor uns liegt.

Der Mönch am Meer

Felsen liegen aneinander, aufeinander, umeinander wie eine Herde versteinerter Walrosse oder Elefanten. Riesig, archaisch, rauh und doch sanft in einem. Schon immer da und dich wie für diesen einen Moment geschaffen. Eine Kirche grüßt die Gläubigen und bietet denen einen Ort fürs Gebet, deren Liebste auf See sind oder der See zum Opfer gefallen sind. In der Kirche sind bald ein Dutzend Schiffsmodelle aufgehängt, der Ort erzählt von Sehnsucht mach Wiederkehr und vergeblichem Warten. Ein Leuchtturm steht einsam wie eine Seemannsbraut auf den Felsen. In ihrem Schatten lasse ich mich nieder, während Jörg die Welt umarmt.

The World is my Oyster

Obwohl das Meer ruhig wirkt, rollen die Wellen mit Macht heran, brechen sich an sichtbaren und unsichtbaren Felsen. Man kann lange hier sitzen und hinausschauen auf den Ozean, einsame Felsen gibt es zur Genüge. Wir unterbrechen unsere Meeres Meditation für einen kleinen Stop an einem Stand mit Geschmeide. Die Eigentümerin und Bastlerin outet sich als hängengebliebene Pilgerin („met my love, got married and stayed“) und will eine Umarmung von uns beiden. Der Versuch, noch an der Vorabendmesse teilzunehmen, scheitert an dem langen Rosenkranzgebet vorab, auf das wir beiden Protestanten jetzt keine Lust haben. Wir waten ja außerdem erst in Santiago in der Messe. Also ab in den Ort, qo wir ein klasse Hafenrestaurant finden, zünftig essen, um dann zum Sonnenuntergang auf die Klippen zurückzukehren. Was soll ich schreiben? Es ist mystisch, jawohl.

Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobet der Name des Herrn..

Es ist fast 11, als wir in die Herberge zurückkehren. Die Rucksäcke packen wir fast fertig, schlafen nur bis fünf, denn wir wollen so früh wie möglich los, der Weg nach Fisterra ist weit. 30 Kilometer sagt das Buch, und da wollen wir die erwartete spanische Glut-Hitze vermeiden.

Um halb sechs gehts im Finsteren los. Gleich die ersten fünf Kilometer bietet 250 Höhenmeter. Wir schwitzen, aber es ist ja noch schattig. Langsam wird es hell, die Vögel neginnen zu singen, wir sehen sogar Blindschleichen und Schlangen über unseren Weg eilen.

Der Weg ist „kurzweilig“, wie Jörg treffend sagt. Höhenpassagen, Waldwege unter endlosen Eukalyptusmonokulturen und gelegentlichen Pinien, vorbei auch an Windrädern und – nach 13 ortlosen Kilometern – durch kleime Dörfer, immer wieder mal ein Blick auf eine Bucht, aus der Nebel aufsteigt und ins Gebirge steigt. Einsam erst , dann organisiert passieren uns Radrennenrennfahradfahrer. Wir machen endluch, nach 15 Kilometern, Frühstücksrast mit frisch gepresstem Orangensaft und Kaffee. Dann gehts weiter bei zunehmender Sonneneinstrahlung und Hitze.

Kurz nach Mittag sind die 30 Kilometer voll, wir laufen in Fisterra ein, finden gleich eine nette, sehr einfache Herberge und beschließen erwartungsvoll auch hier zum anderen Ende der Welt zu pilgern. Ohne Rucksack und in Badelatschen. Hin und zurück sind das nochmal 10 Kilometer, so dass wir heute 40 Kilometer gegangen sind!!!

ABER: war es die Extrawege wert?

Der Weg, den die Sehnsuchtspilger:innen, denen Santiago nicht genug ist, nehmen, um auf den Ozean hinausblicken zu können, ist eine Zumutung. Neben der Bundesstraße, auf der Reisegruppenbusse vorbeidonnern, manvhmal hinter der Leitplanke ein Trampelpfad, neben dem es steil küstenabwärts geht. Eine Zumutung.u Und am Ende dann eine schlecht gemachte Touristenstation, lärmig, geschäftig und ohne Angebote, still zur Besinnung zu finden. Um den Kilometerstein 0,00 kämpfen Pilger:innen und Tagesausflügler:8nnen mit wenig Freundlichkeit. Alle wollen ein Foto. Und zu allem kommt die Beschallung, weil ein örtlicher Fahrradclub meint, alle Mitglieder mit Ehrenurkunden auszeichnen zu müssen, mit scheppernden Lautsprecherboxen und übersteuerten Mikros.

Tut mir leid, liebes Kap Fisterra, für dich habe ich heute kein Foto.

Wir kehren in die Herberge zurrück, treffen auf unsere Pilgerfreundinnen M & A und M & C. Erstere haben oberhalb vom Kap die Asche ihres Papas in den wind gestreut. Gemeinsam lassen wir bei Wein, Chorizzo und Brot den Tag ausklingen. Wir waren an zwei Enden der Welt. Aber ein Sehnsuchtsort war nur eines für mich.

Von Entenmuscheln, nackten Männern und armen Seelen

Ein Tag in Badeschlappen und ohne Wanderstrecken! Jörg und ich haben nur ein Ziel und lassen uns den Rest des Tages treiben. Also ausschlafen, im feinen ****-Hotel Peregrino frühstücken (Kaffee nicht gut, dröhnende Akustik, aber breite Betten, Top-Matratzen, POOL) und dann auf zur Kathedrale von Santiago. Um 12 Uhr beginnt die Pilgermesse, 90 Minuten vorher wollen wir drin sein um einen Sitzplatz zu haben. Auf dem Weg dorthin laufen wir M & A in die Arme, die beiden tollen Schwestern, die ihren Vater ans Ende der Welt bringen wollen. Es gäb viel zu reden und es wäre schön, einen guten (!) Kaffee zu trinken, aber die Kathedrale ruft.

Jörg, wir müssen weiter!

Wir schaffen es ganz rechtzeitig, sitzen im Hauptschiff 3. Reihe, umd finden inmitten der Unruhe von Touristen, Peregrinos/as, Tourigrinos/as doch sehr zur Ruhe. Immer wieder steht einer von uns auf und geht zum Sarkophag des Apostels, Kerzen für liebe und liebgewonnene Menschen anzünden (echte, keine E-Kerzen) und das frisch restaurierte Innere der Kathedrale zu bewundern. Ich ignoriere, dass an der Spitze des Ziboriums, des Baldachins über dem Altar der Apostel Jakobus seinen Säbel über die Mauren rasseln lässt.

Maskenpflicht! Da ist Spanien ziemlich traumatisiert. Nur bei Fiesta oder Stierkämpfen kennt man keine Imfektiimsgefahr 🤔
Jesus in der Nische, wo sonst die Muttergottes oder somstige Heilige dominieren. Da sind meine Kerzen gut investiert. Für den Haushalt des Bistums Santiago machts keinen Umterschied, die Minikerzen kosten 1 €, bei ca 300.000 Pilger:innen und noch viel mehr Touris ein sicheres Einkommen. Tja, umd dann gehört der katholischen Kirche 2/3 aller Liegenschaften in Santiago – immobilienmäßig die drittteuerste Stadt Spaniens!

Punkt 12 beginnt die Messe, natürlich nur auf Spanisch. Alles ziemlich festlich, nicht zuviel Gedöns, ziemlich lange Predigt, eime sehr berührend zerbrechlich singende Nonne, die die Gemeinde zum Mitsingen animiert (was nicht wirklich gelingt). Die Einladung zur Kommunion richtet sich wieder mal nur an wirkliche Katholiken. Aber da wir a) ja eh kein Spanisch verstehen (könnten) und b) die Priesterschaft die Einladung ja nur stellvertretemd für den eigentlich Einladenden ausspricht, ehen Jörg und ich mit Fleiß nach vorn. Wozu sind wir eigentlich gepilgert? Als Jörg die Hostie nicht sofort schluckt, sondern für eimen Moment zu lange ehrfürchtig in den Händen hält, fängt er sich eime Ermahnung des leitenden Priesters ein… Wenn der Priester wüsste, dass ich harmlos wirkender Pilger in Wahrheit ein schwuler evangelischer Pfarrer bin, würde er wie vom Botafumeiro getroffen zu Boden sinken oder mich aus der Kirche eskortieren lassen.

Apropos Botafumeiro: es folgt natürlich noch das Spektakel, auf das alle warten. Der Botafumeiro, das überdimensionale silberne Weihrauchfass wird herabgelassen, entzündet und von den acht Tiraboleiros in Schwung gebracht. Er saust mit Wucht über die staunenden (umd das Fotografierverbot ignorierenden) Gottesdienstbesucher:innen in den Seitenschiffen hinweg umd zaubert Duft und Lichtspiel in das beweihte Gotteshaus. Jörg und ich sind brave Nichtfotografierer, aber umsere Pilgerschwester P. schickt uns später Dokumentationsaufnahmen.

(c) anonym
Das hab ich – ganz ganz ehrlich – nach der Messe aufgemommem. Echt jetzt.

Nur als Randbemerkung zur Finanztüchtigkeit der Kathedrale: der Botafumeiro wird nur zu besonderen Anlässen, Hochfesten und Sonntags geschwenkt. Oder ein großzügiger Finamzier lässt €450,00 springen. Dann gehts immer und zu jeder Zeit. Hatten wir wohl Glück. Muss ein Spender oder eine Spenderin in der Messe gesessen sein. Ich wars nicht.

Nach soviel Andacht, Kirchenglitter, Glanz umd Gloria zieht es Jörg umd mich zu den Markthallen. Wir trinken köstlichen Ribeiro und essen teure Meeresfrüchte, die wir uns zuhause kaum als Snack leisten würden. Jakobsmuscheln und Entenmuscheln. Man geht einfach zu den Händler:innen in die Hallen, kauft das gewünschte Gut, geht zu einem anderen Stand, lässt sie sich kochen und zum Weinstand bringen.

So einfach ist Jörg glücklich zu machen. Von Traugott gar nicht zu reden.

Die Entenmuscheln muss man etwas aufwendig zutzeln, aber sie schmecken wie Ozean pur ohne den für viele vorhandemen Ekelfaktor von glitschigen Austern. Sie werden von Hand geerntet, wachsen an gefährlichen Felsen in der Brandung und haben schon manches Leben bei der Ernte (wird viel von Frauen gemacht) gekostet. Ich werde das wohl so schnell in diesem Leben nicht mehr kosten, aber dieses eime Mal ist unvergesslich.

Zurück gehts zur Kathedrale, Maestro Matteo besuchen, der Endes des 12. Jahrhunderts die Porta Gloriosa geschaffen hat. Es ist die eigentliche Pforte, durch die die Pilgernden einst die Kathedrale betraten, ergriffen ihre Mittelsäule berühten und weinten. Santiago und die Kathedralverantwortlichen sind inzwischen überein gekommen, dass man die Besichtigung der Porta als Busimess auslagern kann und für 10 € als Museumsbesuch deklarieren kann. Als wir beiden unser zeitlich limitiertes Recht nach wenigen Minuten zu überschreiten drohen (Fotos sind natürlich VERBOTEN!), raunzt uns eine Türsteherin an, die Kathedrale und die Porta Gloriosa seien zwei umterschiedliche Sachen, die hätten nichts miteinander zu tun. Wer da auf den biblischen Gedanken vom Haus Gottes, das zur Räuberhöhle gemacht wird, kommt, erhält wahracheinlich keine Compostela. Können wir auch drauf verzichten, haben wir schon. Aber das Steinmetzwerk ist ein wahres Weltwunder, ergreifend, persönlich, fromm und voll unerschöpflicher (biblischer) Geschichten. Es wäre für sich schon die. Pilgerfahr wert.

Zurück zum Kulinarischen. Im besten Café der Stadt essen wir Churros umd heiße Schokolade. Setzt sofort an, man kann die Kalorien sozusagen am eigenen Leib spüren. Aber egal, die nackten Männer um uns herum haben auch allesamt Hüftspeck.

Richtig gelesen! In dem im Kolonialstil eingerichteten Café stehen ca. ein Dutzend Männer spätmittleren Alters in voller unverhüllter Leibespracht herum. Eine Kunstinstallation eines bekannten spanischen Gegenwartskünstlers.

https://www.ramonconde.com/

Als Jörg Fotos von der Ausstellung auf seinem Instaaccount posten will, landet er sofort auf dem Index. Bin ja mal gespannt, wie das hier auf WordPress kommt…

Zurück auf den Plätzen und Straßen Santiagos erleben wir noch ein ganz anderes Spektakel: es ist wohl Tag der galizischen Trachten- und Folklorevereine. Gruppenweise sitzen gestandene und herausgeputzte Frauen und Männer zusammen, ziehen auf einen Platz neben der Kathedrale und machen unbändig ansteckende Musik. Dudelsäcke, Percission aller Art, Gesang, immer wieder stimmen sie an, fallen imeinander eim und beklatschen einander in ihren papagenobunten Trachten.

Unser Stadtausflug neigt sich allmählich dem Ende zu, wir sehen uns die Trachtenmesse mit Erzbischof (!) an, ziehen aber gleich weiter, kaufen Tand und Firlefanz und kommen schließlich an einer Kirche vorbei, die ganz den armen Seelen im Fegefeuer geweiht ist. Eime Art Steingeqwordene Ablasspraxis. Sie ist reichlich frequentiert. Schon über dem Portal prangt eine Schar von armen Menschen in der vor-höllischen Feuersglut.

Der Zweck der Kirche ist es, die Lebenden zum Gebet für die armen Seelen der Verstorbenen zu beten, die für ihre Sünden eben das ein oder andere Jahr im Feuer geläutert werden. Fürbitte und das ein oder andere Opfer materieller Art kann die Leidensjahre vielleicht verkürzen. Zumindest verstehe ich den Opferstock gleich am Eingang so. Aber ich bin halt Lutheraner.

Wenn der Euro im Kasten klingt, die Seele aus dem Feuer springt

Wir verlassen diese Kirche des Grauens (wie soll man denn so etwas sonst nennen?), springen nicht aus etwas, sondern kurze Zeit später in den Hotelpool. Draußen ist es nämlich inzwischen sehr heiß geworden – im Süden Spaniens tobt eine Hitzewelle – und wir suchen Erfrischung Pool und bei Aperol Spritz. Die Hitzewelle in Spanien mitsamt den Waldbränden in den zundergleichen Eukalyptuswäldern ist ganz gewiss ein Fegefeuer im Zeitalter des Klimawandels. Und einfach mit ein bisschen Ablassgroschen ist da gar nichts zu machen. Der Aperol tötet trübe Gedanken und Jörg und ich fühlen uns wie Andrew Ridgely und George Michael von Wham! im Club Tropicana. Fotos gibt’s keine, sonst wären alle Illusionen zerstört.

What a difference a day makes…

Dinah Washington hat es viel besser ausgedrückt (auch stimmlich), was so im Laufe eines Tages passiert ist. Ich schneide mal die Passagen raus, die auf Frischverliebtsein hindeuten, aber sonst stimmt das so ziemlich alles). Wer sich das Lied dazu anhören will, findet auf den diversen Portalen alles. Aber die meisten haben es bestimmt eh im Ohr.

What a difference a day makes
Twenty-four little hours
Brought the sun and the flowers
Where there used to be rain

Lord, what a difference a day makes
There’s a rainbow before me
Skies above can′t be stormy
Since that moment of bliss, that thrilling (moment we meet)

It’s heaven when you
Find (real people) on your menu

Ein paar Tage habe ich nicht gepostet, das lag einerseits an dem ‚day‘, andererseits am Ankommen zuerst in Santiago, dann am Ende der Welt in Muxia, mit Sonnenuntergang und allem Caminoklingklang.

Der Tag hatte übrigens statt 24 little hours gute 36 Stunden. Und er begann auf Jörgs und meinem Weg nach Herbón, wo eine ‚Kultherberge‘ in einem alten Franziskaner Kloster betrieben wird. Die öffnete aber erst um 16 Uhr offiziell ihre Pforte, wie uns George/Jorge/Georgos (wie auch immer), der ehrenamtliche Hüter der Geschicke mitteilte. Wir sollten es mal um halb 3 versuchen, und vorher gäbe es 500 Meter weiter eine Bar.

Wir sind nicht die einzigen Anwärter:innen auf ein Bett

Wir gehen aber den weg zurück, schlagen die Warnungen von George in den Wind und wollen baden gehen. Wir hatten eine Brücke überquert über einen ziemlich wildwasserrigen Fluss mit zahlreichen Stromschnellen und Felsen, aber auch einem hier seltenen Sandstrand. Es war heiß und wir brauchten das Bad! Ein mit Brocken ausgelobter Pool hatte Jacuzzi-Qualitäten und so saßen wir mirnichtsdirnichts drin, bestaunt von einer Kinderschar, die gerade ihr erstes Kanutraining erhielten. 20 Minuten im KALTEN Wasser, aber an einer perfekten, halbschattigen Stelle!

Kinderfreizeitlager

Erfrischt, von Quellwasser umspült begeben wir uns zur angepriesenen Bar mitten in der Landschaft Padron – da werden die Pimientos de Padrón geerntet -, aber direkt an einer vielbefahrenen Straße. Macht nichts, George sitzt mit einem Glas Weißwein (sollte nicht das letzte bleinen) und einem Glimmstängel auch da, und am nächsten Tisch zwei Pilgerinnen, wohl Mitte 40, die uns zu sich an den Tisch luden. M & A, werden in der gleichen Herberge wohnen (wenn wir alle Glück haben). Es dauert nicht lange und die beiden erzählen, dass ihre Last im Rucksack keden Tag schwerer wird. Es ist die Asche ihres Vaters, die sie am Ende ijres Weges erstreuen werden, wie er es sich immer gewünscht habe. Die juristischen und behördlichen (Um)wege sind ja schnell erklärt, die Geschichten dahinter sind spannender. Tränen, Lachen, eine gute Portion Pimientos, wir erstehen uns. Und George beobachtet mit Glimmstängel und einem Glas Wein das Geschehen. Seine ledrige Haut, die seine Knochen mehr zeigt als umhüllt, und seine grauen Strähnen entspannen sich.

Bald ist 15 Uhr, wir warten inzwischen in Doppeldutzendstärke vor der Pforte und finden Einlass und Quartier. Die Kojen zum Schlafen sind einfach, Doppelstöcker, je in eine Nische mit Vorhang eingerichtet, entlang eines unendlich langen Flurs.

„muss ich schon wieder oben schlafen?“ (Jörg)
„ich liege immer oben“ (Jörg)
Klostergarten für drei Franziskaner zwischen 84 und 89 Jahren. Dazu novh ein 25-Meter-Schwimmbecken, in dem Pilger:innen nichts verloren haben. Dafür behinderte Kindet, die in Hundertschaft kommende Woche hier Sommerferien haben. Auch gut.
Franziskanerkloster, ehemalige Jungeninternat

Bald sind alle Gäste da. Georfe erklärt die Regeln. Bis 16 Uhr Bettruhe (nach Duschen), ab 16 Uhr wird der Garten geöffnet, um 18 Uhr Führung durch die Anlage, um 20 Uhr Messe, um 21 Uhr gemeinsames Essen. Klingt militärisch? Das Gebäude war über viele Jahrzehnte, ja Jahrhunderte Internat mit strengsten Regeln und Pflichten und vielem, was man nur vermuten mag. Erzählt uns nachher der Führer durch die alten Gemäuer, pensionierter Polizeihauptmann und ehemaliger Schüler, wie er nicht ohne erfahrene Vulnerabilität zu erkennen gibt. Es fröstelt einen schon, wenn man hört, dass lnge Jahre den Schülern Besuche daheim verboten waren und die Eltern einmal pro Monat nur ein par Stunden da sein durften. Nach der Führung (auch durch den tollen 4 ha-Garten mit vielen Zitrusbäumen (ich klaue eine süße Kumquats) dann Messe mit ausführlichem, herzlichen Pilgersegen. Viel Gemeinde vor Ort (Montag!), alle Mönche plus ein gleichaltriger Priester. Herzlich, ehrlich, willkommenheißend. Wir kriegen sogar eine Art Compostela ausgehändigt. Passt für Jörg und mich, weil wir keine in Santiago holen wollen. Die von 2019 reicht fürs Leben.

Direkt danach lädt George in den Speisesaal ein, wo es Pasta und Salat und Wein gibt. Alle Gäste sind dabei, die Stimmung gleicht der in Harry-Potter-Filmen. Weil wir brav gegessen und sehr brav abgespült haben, kredenzt George ein dreistufiges Schnaps – Likör – Kräuterbitter (Klostermann Melissengeist) – Set. Mit Verzweiflung versuchen einige Nicht-Hochprozentiges Gewohnte abzulehnen, aber George ist ein strenger Schulmeister. Nur Kranke und Blaukreuzler simd ausgenommen. Arriba, Albacho, Alcentro, Aldentro dröhnt es durch drn Saal und danach wird zu Mamma Mia getanzt.

George schenkt ein

George wirkt bei alldem wie ein Kasperle, aber hinter seinem voluminösen Schalk verbirgt sich eine hohe Wahrnehmungskraft. C., eime junge Frau leidet seit 100 km unter heftigen Knieschmerzen. Alle haben Taping-, Medizin-und andere Ratschläge, George sieht einen anderen Schmerz und nimmt sich Zeit für ein langes Gespräch. Am nächsten Tag sind die Scerzen weg, C. trifft eine wichtige Lebens-Entscheidung und läuft bis zum Ende der Welt leichtfüßig weiter, nennt Heorge ihren Camino-Engel.

Alle sitzen nach dem Essen zusammen in Grüppchen auf dem Rasen, genießen die warme Nacht und versinken in tiefe Gespräche. Man erfährt Dinge, die hier nicht zu berichten sind und die Stoff für viel Kerzenanzünden in Kirchen sein werden. Bei allem wird viel gelacht und einiges geweint. Glücklich fallen wir in die Kojenbetten.

Bleibet hier und wachet mit mir

Am Morgen werden wir von George herzlich einzeln verabschiedet, er schaut nochmals nach C. Und dann beginnt der neue Tag mit einer Riesenüberraschung.

Unser alter Pilgerbruder Stefan, der Ritter in unserem Pilgerbunde steht plötzlich m Weg. „ich geh die letzte Etappe zusammen mit Euch!“ Stefan kennen die Leser:innen aus meinem Buch. Mit seiner Frau Heidi und zwei Freunden ist er auf Wohnmobilreise durch Spanien und ist uns über Standortteilen gefolgt (ich hatte ihm regelmäßig berichtet 😁). Es ist ein großes Wiedersehensfest und wir denken, das werden 20 easy Kilometer.

Wir haben falsch gezählt, es werden 30 km bei nrütender Hitze umd Steigungen. Stefan kriegt es dicke ab, aber der Stimmung untereimandet tuts keinem Abbruch. Glücklich laifen wir geg 16 Ujr in Santiago ein und werden vor der Katjedrale von Heidi und dem Freundespar begrüßt. Klar, dass wir bald schon einen Einkehrschwung machen. Der Abend wird lang, hochprozentig (immerhin sind Stefan und seine Schar Norddeutsche mit entsprechenden Trinkgewohnheiten).

Und dann ist da noch Marco. Ein Dichter. Lange schon auf dem Jakobsweg unterwegs, länger wohl als das eine Jahr, von dem er spricht. Er schenkt uns ein Gedicht, geschrieben in feiner Schrift. Ein „Elder“, anders kann ivh es nicht sagen. 48 Jahre biologisch alt, aber wahrscheinlich tausende von Jahren. Vielleicht romantischer Pilgerkitsch, aber für uns an fiesem Abend diese eine Begegnung, die den Unterschied ausmacht. Zwischen einer Wanderung und dem Jakobsweg.

Pilgerschicksal

Die letzten Blogbeiträge könnten fast den Eindruck erwecken, als sei Pilgern eine kulinarisch-naturnahe Vergnügungsreise. Dabei besteht es doch aus anstrengender Fortbewegung, Schritt für Schritt, auf Straßen und Pfaden, Pisten und Wegen. Im Juni / Juli bei teils brütender Hitze und gleißendem Sonnenlicht.

Mit meinem Pilgerbruder Jörg breche ich gestern – es ist sein erster Tag – morgens um 6 von der weitläufigen Herberge A Dársena do Francés auf. Wir hatten npch einen sehr schönen Abend mit drei jungen Freunden aus dem Ahrtal. Vor genau einem Jahr waren sie unmittelbar von der Flut betroffen, einer war zwei Tage verschollen, alle bei den Aufräumarbeiten bis heute engagiert. Jetzt sind sie auf dem Camino unterwegs, und man spürt, dass sie keine Partyreise machen. Ihren Füßen und Beinen geht es gar nicht gut, Pilgerschicksal.

Morgens, als wir nach einer Tasse Tee losziehen, schlafen die Drei noch. Es ist noch finster. Bis Arcade geht dann die Sonne auf. Es geht steil bergauf, aber wir werden mit Ausblicken auf die Bucht belohnt, die aussieht wie ein norwegischer Fjord.

Der Weg führt weiter über eine uralte Römerstraße, die Via Romana XIX, über Brücken und Pflastersteine, die tiefe Spurrillen von Rädern und Kufen  erkennen lassen. Wir sind gutgelaunt unterwegs, erzählen einander viel, erinnern uns an vieles vom gemeinsamen Francés.

Bei Ponte Sampaio gehts über eine Steinbrücke über den Rio Verdugo, vorbei an den landestypischen Kornspeichern auf steinernen Säulen. 12 Kilometer führen durch Eukalyptuswälder, bergauf und bergab, durch riesige Straßenbaustellen.

Das wird sicher kein neuer Pilgerpfad

Am Wegrand dann ein Metallzaun mit eingeflochtenen Kreuzen.

Pünktlich zur Mittagsstunde haben wir die lebendige Provinzhauptstadt Pontevedra erreicht. Jörg sucht nach einem Laden, in dem er ein Taschenmesser kaufen kann, gar nicht so leicht. Wir machen Picknick mit Tomate, Queso und Jamón und Brot am Eingang zur barocken Kirche zur Virxe Peregrina (die jungfräuliche Pilgerin!!!). Zwei Bänkelsänger unterhalten die Scharen von spanischen Touristen und internationalen Pilger:innen nicht immer ganz harmoniefest. Uns geht’s prima.

Ob es die Dose Märzenbier (mit Hopfen de Allertau, wie es auf der Dose heißt) ist, die uns die nachmittäglichen geplanten 10 Kilometer mühsam werden lässt? Oder foch die Sonne? Es wird heiß, gut 30 Grad, der Weg führt aber noch immer viel durch Wald. Lange Strecken an einem Bachlauf entlang.

Endlich erreichen wir San Amaro, nur ca 125 Meter hoch, aber gefühlt das Dreifache. Bis Portela mit der dortigen Herberge von Herbergsvater Jorge nur noch knappe 2 Kilometer. Wenn dort voll ist, legt Jorge Matratzen auf den Boden eines Nebengebäudes. Damit haben wir kein Problem und trinken in der weinlaubbeschatteten Bar von San Amaro ein zischiges Radler. Das Menü lacht uns an, wir bestellen den Ensalata Espinchi mit viel Obstanteil. Ich profitiere von Jörgs beim Bestellen vergessener Obstallergie und tausche ein einzelnes Spinatblatt gegen sämtliche Pfirsichschnitze. Gestärkt und bestgelaunt ziehen wir weiter und marschieren testosterongeladen in det Herberge ein. Dorch Jorge, der Hospitallero zeigt sich unbeeindruckt. Kein Bett mehr frei. Auch keine Matratze im Nebenraum. 32 gelaufene Kilometer hin oder her. Jorge schickt uns weiter.

Geschlossen!

Die Sonne gibt alles, was sie hat. Der Asphalt glüht. Bäume am Straßenrand werfen Schatten nur für den eigenen Stamm. Wir werden schweigsam, gehen den Weg, der längere Pasagen an der Bundesstraße entlang führt, ziemlich müde. Das Wasser im Beutel/in der Trinkflasche ist brühwarm und geht zur Neige. Jörg tun die Füße ziemlich weh, es ist sein erster Tag, während ich schon eingelaufen bin. Er klagt nicht, aber die öffentliche Herberge von Briallos sollte wirklich bald auftauchen. Es zieht sich.

Vorbei an einer Fatamorgana der Kathedrale von Santiago

Endlich taucht sie auf. 17 Uhr. Ein Brunnen mit frischem Quellwasser lädt ein zu einer ausgiebigen Kopfdusche. Nass und verschwitzt sprechen wir bei der Einlassbehörde vor. Bitte nicht nochmal abgewiesen werden. Bitte ein gutes Pilgerschicksal!

Wir werden eingelassen. Alles weitere, Betten, Duschen, Essen ist sekundär.

Food-Porn. Endlich für zwei.

Im Disney-Animationsfim Ratatouille (2007) kommt es zum Showdown, als der gefürchtete Kritiker Ego zu Gast in dem Restaurrant ist, indem die Wanderratte Rémy heimlich kocht. Einsam sitzt der Kritiker, so etwa Ende 50, am Tisch im Lokal und versucht, das Haar in der Suppe, das Körnchen zuviel Salz oder das Maß an Gewöhnlichkeit zu finden, das ihm das urteilende Meckern erlauben wird.

Doch Rémy und der Küchenjunge Linguini kredenzen ihm das einfache bäuerliche Gericht  Ratatouille und setzen im Gourmetrichter Erinnerungen an das einfache Leben in seiner Kindheit frei. Als er glücklich war. Und da zeigt sich, was gutes Essen leisten kann.

Einfach, aber für Spanienreisende mit einer ganzen Welt iberischer Traditionen verbunden.

Bis gestern am Mittag saß ich viel allein am Tisch. Ich bin ja als Pilger allein unterwegs. Manchmal treffe ich mit einer Pilger:innenrunde zusammen und es wird fröhlich.

Da hatte das Abendmenü schon sein Werk getan

Aber das sollte sich alles ändern, denn ich geh nicht mehr alleine.

Bislang saß ich also Mittags, manchmal zzr Teestunde nochmal und dann am Abend allein zu Tisch und bewunderte mein Essen auswändig (mit Augen und Geruchssinn) und inwändig, kauend, schmeckend, schluckend. Und es geht mir wie der Filmfigur, das Essen ruft alle möglichen Assoziationen wach, eigene und fremde. Die portugiesische und galizische Küche bietet sich mir als Pilger als ländliche, einfache Küche an, oder als Essen, fast direkt aus dem Meer.

Pulpo!

Pulpo, der Oktopus, der gekocht, gebraten und mit Paprika serviert, wird für immer verbunden sein mit Melide, einer Station auf dem Camino Francés – ein kleines, unscheinbares Nest, das aber durch den Pulpo landesweit berühmt ist. Und mit einem frischen Weißwein noch intensiver.

Eine Entdeckung für mich: Gulas. Was es genau ist, sagen einem die Kellner nicht (angebliche Sprachprobleme) oder meinen: es könnte Pasta sein. Kleine Fische, in viel Knoblauch und mit Scampi. Tatsächlich wie eine in Fischsud, Olivwnöl und Knoblauch gezogene Pastaart. Genial einfach, Meer, Strand, Hinterland.

Kabeljau und Hake sind auch klasse Fisch, und immer wieder neu zubereitet, zum Beispiel mit gedünstetem Kohlgemüse. Wächst hier staudenartig in JEDEM Gemüsegarten. Ich denk, ich bin in Deutschland.

In Portgual natürlich als Nationalgericht schlechthin:Bacalao, Stockfisch, in vielen Varianten. Der auf getoastetem Weißbrot war mir zu fad, aber in Teigtaschen gebacken ein herrlucher Snack zur Teatime.

Bacalao auf Toast auf Schiefer auf Tisch. Mit Oliven

Während ich hier schreibe, fällt mir auf, dass ich kaum fleisch esse. Und nicht einmal vermisse. Fisch und Gemüse, die unfassbar süßen Orangen und Pfirsiche, die Leckeren Torten de Nate mit herzhaftem Kaffee. Es fehlt nichts, und dieserr Essenskritiker wird ganz andächtig.

Am einfachsten ist natürlich das Essen beim improvisierten Picknick. Einen Picknickkoffer habe ich nicht extra dabei, aber eine fein sortierte Box mit drei separaten Fächern: Deftiges, Süßes, Obst/Gemüse. Brot gibt es überall, und eine Gelegenheit auch. So wie heute mit Jörg.

Genau. Jörg. Mein Pilgerbruder von 2019. Als er hörte, dass ich den Camino Portuguese gehen wollte, hat er spontan einen Flug nach Vigo gebucht. Das ist ein kleiner Ferienfliegerughafen in der Bucht gleichen Namens. Von dort in 20 Minuten kam er gestern Abend in Redondela an, meinem Etappenziel, ca 80 Kilometer von Santiago entfernt. Jörg und Stefan und ich wurden zu einer echten Gemeinschaft und sind es bis jetzt. Und jetzt ist Jörg also auch hier, wir wollen bis Santiago gemeinsam pilgern. Aber vorher noch was nettes essen und trinken.

Kulinarischer Höhepunkt heute, auf dem 37 Kilometer langen Weg heute (7 davon unfreiwillig, weil die Herberge schon komplett belegt war) war ein Ensalata espinata. Ein Obst-Spinat-Salat-Mischung mit Obstsaft-Vinaigrette. Total einfach. Aber sofort das Gefühl von Sommer, Einfachheit und Glück.

Pilgern und Essen: das gehört für mich zusammen. Und da bin ich, weiß Gott, nicht der erste, der das so denkt.

Galicia ist Musik.

Die letzte Station in Portugal ist Valenca, eine 16.000 Einwohnerstadt, direkt an der Grenze zu Spanien. Eine beeindruckende Eisenbrücke verbindet die Länder, die sonst vom Fluss Miño getrennt sind. Oben die Bahn, unten Autosverkehr. Das sollte auch die Prioritätenliste im Verkehrsministerium sein, aber das nur nebenbei.

Blick nach drüben, wo man Spanisch spricht und die Uhren eine Stunde vorgehen.

Die Stadt auf der anderen Seite heißt wie ein berühmter Reisespezialist: Tui. Hat 1000 Einwohner:innen mehr. Und feiert einen Heiligen des 13. Jahrhunderts, von dem eigentlich nur weiß, dass er beim Pilgern an Fieber erkrankte und verschied. Dafür ist er in der beeindruckend romanisch-schlichten Kathedrale beigesetzt worden. Er soll sich auch sehr positiv über Tui geäußert haben.

Tui und Valenca waren sich wohl nicht immer so verbunden, wie die Brücke suggeriert. Valença ist von mehreren Mauerringen, meterdicken Wehranlagen, Toren und tiefen Gräben umgeben. Auf den Gassen stehen nich mittelalterliche Katapulte, alletdings in minderer Qualität. Die Römer hätten über solche Waffen nur gelacht, klärt mich ein geschichtsbeflissener Pilgerfreund auf. Die Bewohner:innen und Herrscher der Stadt müssen höllische Angst vor den Spaniern gehabt haben. Ihre Häuser, die von einigem Reichtum zeugen, sind alle in die zwei Mauerringe gezwängt, aber immerhin bis zu 4 Stockwerke hoch.

Heute ist das ein Touristenmagnet wie Rothenburg odT oder Riquevihr im Elsass. Nachdem ich meinen Rucksack in dem Hostel Bulwark (treffend) abgestellt habe, schlendere ich durch Valença, esse ein absolut großartiges Eis, besichtige die etwas sehr bescheidene Kirche und gehe dann doch schon mal ans andere Ufer.

Der Weg von Portugal nach Spanien führt erstmal die in die Unterwelt. Es wird dann aber schnell wieder Licht.

In Tui, nach der Internatiinalen Brücke, geht man gleich nach der Grenze an einem Paradores-Hotel vorbei (spanische Edelhotelkette), einer Tankstelle, vor der portugiesische Autofahrer Schlange stehen. Und dann steil Straßen aufwärts, weil die Stadt gebaut ist wie der Mont Saint Michel in Frankreich. Ganz oben kommt man schließlich und endlich immer in der Kathedrale an.

Vom Grenzgang zum Kreuzgang

Nach der Besuchtigung der Kathedrale mit angeschlossenem mittelalterlichen Kloster samt Kreuzgang ist es an der Zeit, irgendwo einen Apero zu mir zu nehmen. Ich folge den Klängen einer Bigband, die auf einer der Gassen aufspielt, will mich in Hörweite niederlassen, als mich eine Pilgerrunde ruft: Dan aus Tel Aviv, Stefano aus Bologna und Antonio und Luca aus Sizilien sitzen bei Bier und Wein und erzählen einander Pilgerlatein. Da mach ich doch gern mit.

Die Runde verlagert sich gegen 19:30Uhr spanische Zeit (Portugal immer noch eine Stunde hinterher) in ein Pilgerfreundliches Restaurant. Wir teilen Wein, Wasser, Brot und diverse Tapas. Luca etweist sich als Kenner der galizischen Küche und so essen wir u. a. Gulas (MiniAale)!, die schmecken wie Pasta in Knoblauchbutter. Die Gespräche werden authentischer, eingehender. Interessante, ganz unterschiedliche Geschichten.

Die in Spanien übernachtenden müssen aber um 22 Uhr in der Herberge sein (eiserne Pilgerherbergsregel), so dass der Abend bald endet. Ich schlendere die 3 Kilometer zurück und freue mich an der Abendstimmundlg auf Tuis Plätzen und Straßen. Es lebt und vibriert von Energie. Aus einem Innenhof, direkt an einer der Seitenschiffe der Kathedrale ertönen Klänge.

Frauengemeindeabend auf galizisch

Eine Gruppe von Frauen mit Schwllwnteommeln sitzt im Kreis, schlägt das Tambourin und singt. Ich will nicht stören, aber kriege ein Lächeln geschenkt und gehe beschwingt über den Miño.

Und auf der Portugiesischen Seite?

Nichts!!! Es ist Freitag, 21:30 Uhr, 2. Juli! Hochsommer. Und auf den Straßen und Gassen schlafen die Katzen! Kein Mensch zu sehen, die Restaurants leer und in meiner Herberge liegen die Pilger:innen schon Bett. Uch trinke nich ein trauriges Radler und ziehe mich dann auch in die Koje zurück.

Gute Nacht, Portugal!

Am nächsten Morgen ziehe ich sehr früh los, krwuze erneut die Brücke über den Miño, gehe durch die aufgeräumte Altstadt von Tui, inem Strom von Pilger:innen. Ea gejt bald an einem Bachlauf entlang. Ein Paar Dudelsackspieler stehen da, 8 Ubr morgens, Samstag, und spielen galizische Folklore. Es aind sogar, kurz hintereinandet zwei Gruppen. So komt man in die Gänge! Galizien grüßt mit Musik.

Viele, auffällig viele Pilger:innen sind in Gruppen unterwegs, mit kleinen Rucksäckchen, Brotbeutelpilger, würde mein Freund Stefan sagen. Oder, wie die Österreichische Familie, die ich Abends treffe, ünersetzte: Jausenbeutelpilger. Klar, es ist Wochenende, Ferienbeginn noch dazu.

Die 26 Kilometer bis Mos ziehen sich gegen das Ende zieich, es wird zum ersten Mal ziemlich heiß, so dass ich dankbar um 14 Uhr ein Bett in der priaten Herberge Casa Flora beziehe. Duschen, Wäsche waschen, irgendwo einen Willkommenswein trinken, zusammen mit Dan, dem Tel Aviver Weltreisenden. Er reist für sein Leben gern, mit seiner Frau und den Töchtern. Aber das Pilgern sei etwas ganz eigenes, sagt er. Er ist nicht religiöser Jude, aber meditiert viel und da sei ihm der Jakobsweg ganz nahe.

Zum Abschluss des Tages erlebe ich noch das örtliche Dorffest mit. Auf dem neu angelegten Dorfplatz ist ein großer Stand mit Getränken und Speisen aufgestellt. Eine Bühne, auf der fünf Männer, einer davon im Utilikilt wie ich, mit Tambourins Musik machen. Von 22 Uhr bis weit nach Mitternacht. Galizische Folklore, irgenwie keltisch anmutend. Und vor der Bühne ein freier großer Platz. Die jungen Leute – so uwischen 20 und 35 vielleicht, springen immer wieder neu auf den Platz, formieren sich, heben die Arme in Kopfhöhe, eine:r gibt eine Bewegung vor, die die anderen im Handumdrehen aufnehmen. So geht es ständig in neuer Formation weiter, alle fröhlivh, alle geünt, aber nichts verbissenes dabei. Ich bin völlig fasziniert. Galizien ist Musik. Musik ist Galizien

Das war erst der Anfang! :

Was ist der Unterschied?

Auf dem Weg von Sao Simao über Ponte de Lima bis nach Rubiaes – und dann wieder am nächsten Tag bis zur Grenzstadt Valenca ist es gut gehen. Vor dem Aufstieg bis zum höchsten Punkt des gesamten Camino – Portela Grande – machen die Reiseführer und Apps und Gasthäuser ziemlich Panik, dabei gehtes nur auf 435 Meter hoch, ab 80 Meter, aber über 5 Kilometer hinweg.

Also Zeit zum Nachdenken.

Der Camino Portugués ist für viele der Schnuppercamino. In 2 Wochen gut zu schaffen. Nicht zu anstrengend. Mit der nötigen Infrastruktur.

Etwa die Hälfte der Pilger:innen ist es eine Rückkehr. Viele sind schon den Francés gegangen, manche den anstrengenderen Camino de Norte. Jetzt haben sie nicht ganz so viel Zeit und doch große Sehnsucht. Wie ich haben sie etwas Bange, enttäuscht zu werden, weil es halt nach dem ersten Mal nicht wieder so überraschend intensiv sein kann. Und wird man sich wieder so auf Fremde einlassen können? In einem Wort: Wird es wieder spirituell werden?

Kunstwerk oder Abziehbild? In jedem Fall war dieser Jakob Kiltträger wie ich

Was gleich am Anfang fehlt im Vergleich zu Saint Jean-Pied-de-Port ist das Pilgerbüro mit seiner Statistikfrage: machen sie den Weg aus a) religiösen, b) spirituellen oder c) sportlichen Gründen. Nicht dass die Auswahl umfassend wäre, aber es fehlt schon mal das Gefragtwerden „warum bist Du auf dem Weg?“

Man hatscht also von einer ersten Unterkunft einfach so los. Kein Wunder, dass die Leute, wenn sie sich zum ersten Mal begegnen, sich (bis jetzt) als zweites nach dem weltlichen Beruf erkunden: und was machst du so im wirklichen Leben? Nach der ersten Fleiß-Frage, ab wo man losgelaufen sei. Es ist wie sonst auch, die unverbindlichen Leistungs- und Geltungsthemen dominieren.

Kirchliche Angebote oder so etwas wie die Herbergsbewegung von Grañon habe ich bislang nicht wahrgenommen. In Vila de Condes wurden wir (Herbergsgäste) zu einer Pilgermesse um 19 Uhr in der Stadtkirche eingeladen. Aber zwischen 18:55 und 19:10 blieben die Tore verrammelt.

Auch hier verschlossene Pforten

Man geht also ziemlich ungesegnet durch die Gegend. In den offenen Kirchen gibts die üblichen Fürbitt-Glühbirnen, irgendwo vor einer Marienfigur abgestellt. Aber die meisten Kapellen und Kirchen lassen allenfalls durch ein vergittertes Seitenfenster einen spähenden Blick in das bergende Schummerlicht zu. Den Portugiesen scheint es zu genügen. Und ich gestehe, da lass ich mich etwas belehren..

In der weitläufigen Flussstadt Pinte de Lima gehe ich eine Weile hinter zwei Rentnern her, die einen morgendlichen Spaziergang entlang am Fluss Lima machen. Der Fluss war schon in Römerzeiten bekannt als Fluss des Vergessens (Lethe). Ich denke, die zwei gehen zum Schachspiel oder Bodgia-Spielen. Doch nein: sie laufen schnurstracks auf die versperrte Augustinerkapelle zu, wo zwei Seitenfenster, links eins, rechts eins, etwa Handtuchgroß geöffnet sind. Jeder stellt sich davor, bekreuzigt sich und kniet nieder. Die beiden alten Männer scheinen nicht zu vergessen, sondern an etwas oder jemanden zu denken. Und das ganz tief versunken.

Ponte de Lima: oben die Platanenallee, an deren Ende eine Kapelle steht. Unten eine Lachstreppe

Vielleicht soll ich mir nicht zuviel erwarten? Und das Kleine, Unscheinbare schätzen? Das Bemühen achten, nicht das Erfüllen? Das Un-Spekakuläre.

So wie das Cruz dos Mortos oder Cruz dos Franceses, das kurz vor dem höchsten Gipfel steht. Ein Gedenkort an Napoleonische Soldaten, die in einen Hinterhalt gerieten. Angekündigt wird es als hiesige Version des Cruz de Ferro/Hierro (bei Foncebadón), es entpuppt sich abet als ein schmuckloses Granitkreuz, an dessen Fuß halt auch Steine abgelegt und an das allerhand Tand geschnürt werden. Einschließlich Plastikflaschen. Ein Kraftort kann halt nicht einfach gesetzt werden. Aber was weiß ich schon, was andere hiet empfinden?

Das ist halt der portugiesische Weg.

Nach einem sehr netten Abend in der sehr individuell geführten Albergue Ninho in Rubiaes gehe ich weite Strecken wieder allein, bis ich auf ein Pilgerpärchen treffe, um die 30, er mit aufallendem Senk-und Spreizfuß, sie ohne Rucksack, aber mit einem doppelt bespannten Regenschirm als Schattenspender. Solche Schirme baut man nur in Italien, und dahet kommt der Schirm auvh. Nicht so die beiden. Nach mehrmaligem gegenseitigen Überholen kommen wir dich noch ins Gespräch. Argentinier, in Spanien arbeitend. Sie lässt ihren Rucksack transportieren, weil ihr Rücken unerträglich schmerze. Nicht äußerlich. Es sind innere Schmerzen. Sie muss diesen Weg gehen, hat sie in ihren taoistischen Meditationen vernommen. Hiet wird sie hren Schmerz verringern können. Sie geht ihren Weg mit ihrem Begleiter, dessen Präsenz wohl nur, genau das ist: Präsenz. Sie geht diesen Weg gänzlich spirituell. Er dagegen scheint mir fast die Verkörperung des Camino zu sein. Er sorgt für sie. Gibt ihr Wasser, wenn sie durstig ist und zeigt, wo es einen Obstladen gibt. Der Weg sirgt für sie. In Gestalt des Weggefährten.

Für jeden ist der Weg anders. Das ist der Unterschied. Muss ich noch drüber nachdenken.

You can go your own way (Fleetwood Mac)

Narzissus und die Tulipan…

Auf dem Jakobsweg findet man ja zu Gott, oder – wenn man nach ihm gar nicht suchen will – zumindest such selbst. So die populäre und trotzdem etwas banale Pilgerbüro-Weisheit.

Meistens findet man neue Bekanntschaften.

Aber an manchen Tagen, so gestern und heute, findet man sich einfach vor. Findet nucht viel, befindet sich aber mitten in einer reichen, blühenden, lebenden Natur. Und da heißt es dann: weniger Soulsearching, weniger intellektuelle Gespräche, weniger fromme Erbauung. Nase auf, Ohren auf, Hautporen auf, vor allem aber:Augen auf.

Hier ist alles geöffnet, nur die Augen nicht (und der Mund, wegen der Fliegen)

Der gestrige Weg mit seinen 34 Kilometern, über den höchsten Punkt des Camino Portugués hinüber (schweißtreibend bei Spätmittagshitze) und der heutige, zumindest morgens (23 Kilometer) führt durch üppige Landschaft. Teils an Bächen entlang, viel durch Eukalptus- und Pinienwälder, vorbei an imposanten Trockenmauern und durch Hohlwege.

Ich gehe allein, auch weil ich ziemlich früh starte, um der Mittagshitze zu entgehen.

Gestern will ich mich aber nich einfach nur irgendwie und irgendwo befinden. Ich stecke mir die Ohrstöpsel ein und lausche dem Podcast, den meine beiden wunderbaren Studentischen Mitarbeiterinnen Malena und Annika produzieren: ein Gespräch mit dem schwul verheirateten katholischen Priester und geistlichem Lehrer Pierre Stutz. Für unsere Podcast-Serie Queer im Pfarrhaus (auf Spotify!) . Ich darf den Probeschnitt hören, weil ich das dann auch verantworten muss. Wer sich fragt, wie ein kath. Priester verheirtet sein kann, und dann auch noch mit einem Mann, der höre mal rein und wird einem sanften aber strategischen Kämpfer für die gute Botschaft begegnen.

Danach schnell eine Fanmail an Annika und Malena, die Earplugs wieder raus. Umd jetzt aber mit allen Sinnen auf dem Weg. Und das zwei Tage lang. Ich zeig Euch einfach, was ich sehe, Kurzkommentar am Ende.

Nichts spektakuläres. Nur blühende Blumen und Kräuter.

Ich frage mich, was der Unterschied zwiachen meinem Camino Francés und dem jetzigen Portugués ist. Der eine war im September /Oktober. Der andere ist jetzt. Genau. Alles blüht, die Wiesen sind grasgrün, die Bäume stehen voller Laub, das Erdreich deckt seinen Staub mit einem grünen Kleide. Due Blumen zieh’n sich schöner an als all die Pilger in ihren Funktionshemdchen.

Es gibt noch einen Unterschied. Aber den erzähle ich morgen. Weil. Weil jetzt nur das zählt, wo ich mich vorfinde. In einer bezaubernd schönen, vielfarbigen Natur. Gottes Natur. Doch alles gefunden.

Aus diesem Paradies wird man nicht vertieben

Von Barcelos nach Sao Simao sind es nur etwa 23 Kilometer. Ich hatte mich entschlossen, keinen Pausentag einzuschieben, aber etwas langsamer zu tun. Ea geht trotzdem früh los, weil in meiner Herberge neben mir der Brasilianer schläft, der auch in Porto schon geschnarcht hatte. Um halb 6 ist nicht mehr an Schlaf zu denken.

Der Weg führt durch schöne, landwirtschaftliche Gegenden. Es ist ziemlich hügelig, aber nicht fordernd. Am beeindruckendsten ist ein riesiger Eukalyptusbaum auf einem Dorfplatz, hoch wie ein Sequoiabaum, mit einem beeindruckenden Stamm.

Ein Mammutbaum hinter Bahngleisen

Ziel ist die sogenannte Kultherberge Casa Fernández. Aber sie ist schon voll belegt. Obwohl es gerade einmal Mittag ist.

Alai weiter, bis zum Ort Sao Simao. Gleich am Ortsrand liegt die private Herberge Casa de Valinhas. Vorsichtshalber rufe ich an. Susana ist am Telefon: es sei ziemlich ruhig, klar habe sie noch Platz, sie mache aber erst um 14 Uhr auf.

Der Portugiesische Jakobsweg kennt uwei Richtungen, markiert durch zwei Pfeile. Blau und gelb. Der gelbe weist nach vorne. Der blaue zurück. Der eine in die Zukunft, der andere in eine vormoderne Vergangenheit.

Blau gehts nach Fatima, gelb nach Santiago

Die Reaktionäre der Kirche wollen, dass die Pilgermassen nach Fatima gehen. Aber die Menschen, spirituell suchend, ziehen nach Santiago de Compostela.

Mir gelingt es, mich trotz der Pfeile zu verirren. Eine Baustelle hatte einen Abzweig verstellt. Als Protestant bin ich wahrscheinlich eh auf Irrwegen.

Irgendwie finde ich dann dich zur Herberge. Und was soll ich sagen. Es ist das Paradies. Ein Wellness-Ort, fünf Sterne Pilgerheim. Ein Spa, mit ökologischem Schwimmteich, Ausblick auf den Hauseigenen Weinberg, Chillout-Lounge, Pilgerbibliothek, Frucjtkörben und Hängematten. Mein Bett wird von einem weißen Paravant geschützt.

Empfangen werde ich mit einem Glas frisch gepresster Zitronenlimonade. Am Abend bereitet Susanna den Gruppe von 8 Pilger:innen Salat und Pasta mit Gemüsesauce oder Hühnchen zu, ein Gedicht. Dazu Wein vom eigenen Weinberg. Der Zauber guter Gastgeberinnenqualitäten wirkt. Wir 8 Gäste kommen ins Erzählen. Ich nenne keine Namen. Da ist die Kanadierin, die auf einen runden Geburtstag zugeht und lieber den Camino gehen wollte als sich von der Familie sagen zu lassen, qie sie zu feiern hat.

Da ist ein Paar aus Südafrika, das sechs Jahre in Vietnam gelebt hat und nun zurück nach Afrika geht, wo sie Kunstlehrerin und Künstlerin sein wird und er sein Start-Up-Business sowieso von ünerall aus betreinen kann. Sein älterer Bruder ist auch dabei, soviel gemeinsame Zeit hatten sie noch nie.

Und dann ist da die Kriminalkommisarin. Sie prahlt nicht mit ihren Erfahrungen, aber spürt, sie hat viel gesehen. Abet vir allem: sie hat sich ihren Glaunen bewahrt. An das Gute im Menschen und an einen guten Gott. Sie war Ministrantin, und ist es wohl im Herzem noch immer. Sie spricht mich auf den Sticker auf meinem Handy an, queer im Pfarrhaus. Die Frau hat einen genauen Blick, da muss man nicht viwl erklären.

Und dann ist sa noch der junge Mann mit üppigen Rastalocken und einem Mondtattoo auf der Hand. Er kam sehr spät und war dankbar, als ich ihm gleich den Weg zum Schwimmteich zeigte. Seine Knie machen ihm einen Strich durch die Wanderrechnung. Sie sind ziemlich entzündet. Mehr als 7 Kilometer schafft er im Moment nicht. Im echten Leben ist er Mechaniker, aber das ist nicht sein Wunachneruf. Yogalehrer ist es. Und jetzt sucht er nach einem Weg, das umzusetzen, ohne (finanziell) baden zu gehen.

Acht Menschen, aus vier Kontinenten an einem Tisch bewirtet. Verschiedenste Lebensentwürfe. Manches ein wenig aus dem Gleichgewicht geworfen. Aber an so einem Abend beginnt Zukunft. Und das liegt nicht zuletzt am guten Geist von Susanna und ihrer Kochkunst. Ich bin sicher, dass wir an diesem Anend nicht aus dem Paradies vertrieben wurden, sondern eine neue Mission erhielten. Zumindest einige von uns.

Da waren ach9n nicht mehr alle dabei

Die achte im Bunde, eine Japanerin, blieb die meiste Zeit still. Auch das hat sicher seinen Grund.

I

Auf dem weg nach Barcelos

Nach dem Welpendrama brauche ich einige Wegkilometer, um mich nicht weiter zu sorgen. In Rates besuche ich die mystisch dunkle Kirche Sao Pedro, wieder 12., 13. Jahrhundert. Und dann geht es durch endlose Mausfelder und kleinere Eukalyptuswälder immer weiter.

Eine Pause ist auch drin, einmal wieder mit Cafe und einem Nate-Törtchen, einmal im Wald, verbunden mit einer kleinen Mahlzeit. Dan, ein israelischer Pilger aus Tel Aviv kommt vorbei, setzt sich dazu, wir sprechen über israelische Politik. Er ist kein Netanjahu-Freund, soviel ist sehr schnell klar. Er empfiehlt mir einen History-Podcast, der auch eine Folge über Münster enthalte, die Täufer und die drei Käfige.

Füße hoch, Ruhe geben

Einen weiteren Umweg gehe ich noch auf Empfehlung meines Buches, sogar 200 Höhenmeter zu einer Kirche Sra da Franqueria. Die Kirche lohnt in ewa wie das Besucherzentrum auf dem Bricken im Harz. Gar nicht. Aber die Aussicht in alle Richtungen ist grandios. Man sieht bis zum Atlantik und sogar weit hinaus. Das hat sich gelohnt. Man kann ja schon fragen, warum sich die Kirche immer diese Orte unter den Nagel reißt und ein Marienfigürchen hinstellen muss.

Auf in den Westen!

Wieder heruntergestiegen melden sich allmählich die Füße. Auf nach Barcelinhos, diesseits einer beeindruckenden mittelalterlichen Brücke, wo die Pilgerherberge des örtlichen Alpenvereins liegt. Super modern, architektonisch etwas überverplant (Fenster im Schlafraum lassen sich nicht öffnen), mit Papiereinweglaken und Kissenüberzieher, wie aus Einfachlagigem Klopapier. Damit komm ich nachts gar nicht klar.

Ich gehe rüber, über den Fluss nach Barcelos, UNESCO ausgezeichnet. Jenseits also. Ist hübsch, aber nicht so spektakulär, wie der Pilgerführer ankündigt. Er empfiehlt sogar einen Tag zu bleiben und mit dem Bus nach Braga zu fahren. Muss ich mir bei einem Glas Wein überlegen.

Feinschmecker Pilgermenü

Nach einem Apero auf einem hünschen Platz kehre ich bei einem Feinschmeckerlokal ein namens Galliano. Dort trinke ich das Glas Wein zur Entscheidung über den nächsten Tag. Ich sehe mir die Wikiseiten über Braga an, viel Barock. Hauptsehenswürdigkeit sind mehrere Stockwerke einer Treppe zu einer Barockkirche. Muss ich das wirklich sehen? Entscheidung getroffen.

Gallo, der Hahn, ist das Wappentier von Barcelos. Wegen einer Legende, die ziemlich ähnlich auch am Camino Francés erzählt wird. Hier macht man gleich ein Wappentier draus, das dann sogar zum Nationalsymbol wird. Da kann ein Lokal gut Galliano heißen. Der Chef des schicken Ladens bietet mir ein Pilgermenü für 15 Euro an. Salat, gegrillte Sardinen mit Pimentos, den genanten Wein und dann ein Dessert zum Niederknien.

Ich kehre zur Herberge zurück, Barcelos in der Abendsonne, golden leuchtend. Die 36 Kilometer haben noch vier Flanierkilometer dazu gekriegt. Ich ziehe mich aufs Bett zurück. Ein Abend allein, ist nach dem fordernden Tag auch fein.

Barcelos, im Abendlicht gebadet
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